Die älteste Geschichte der Welt
Ralf Jordan
eine hystereo-Produktion
digitaler Download
Gesamtspielzeit: 93 Minuten
VÖ: 2019
"Die Arbeit, wenn man das, was ich tat, überhaupt so nennen konnte, ging mir leicht von der Hand. (…) Ich wurde der perfekte Gastgeber und Repräsentant meiner Familie. (…) Ich hatte ein Büro, in dem ich tun und lassen konnte, was ich wollte. (…) Dort ließ ich einen Safe in die Wand einbauen, in dem ich mein Gehalt verwahrte, das ich ausschließlich in bar kassierte. Das schien mir sicherer, als zu Hause unter der Bettdecke. Mit den Mitarbeitern verstand ich mich auch prächtig. (… ) Nur Bertram Hansen, der Bar-Chef, der eigentliche Geschäftsführer beobachtete mich skeptisch. (…) Ich vermutete, dass er Dr. Müller über mich Bericht erstatten musste. Das juckte mich aber herzlich wenig, denn ich gab niemandem auch nur den geringsten Anlass zur Beanstandung. Mir machte auch diese Funktion innerhalb der Familie Spaß.“
Alex Kühl ist der personifizierte Loser. Der Traum von einem neuen Leben in der Großstadt erfüllt sich für den Jungen aus der rheinischen Provinz nicht. Bis nach einem Unfall ein Mann mit einem Job-Angebot an ihn herantritt: Er soll Auftrags-Killer werden! Was so absurd klingt, entwickelt sich zu einer steilen Karriere in Hamburgs Unterwelt, bis - ja, bis Alex Anita trifft. Und wie sagt das Klischee? „Liebe stirbt nie!“
Anspruchsvoll und spannend
Die älteste Geschichte der Welt ist ein Hörspiel, das mich überrascht hat, sehr positiv überrascht hat. Ich höre ja gerne Produktionen, ohne vorher die Klappentexte zu lesen. Das sorgt für Spannung und Überraschungen. Und bei dem Cover hätte ich etwas anderes erwartet – was, kann ich allerdings nicht genau in Worte fassen. Was ist dann aber erhalten habe, war eine durchaus anspruchsvolle und trotzdem spannende Hörspielunterhaltung, die sogar mit einem gewissen Nostalgie-Faktor für Menschen meines Alters aufwarten kann. Denn, soviel kann ich ohne zu spoilern ruhigen Gewissen verraten, die Story spielt in den 90ern…
Die Story
Es geht mit Alex Kühl, einem Jungen aus der Provinz, um jemanden, den es in die Großstadt zieht, um dort hoffentlich mehr zu erreichen, um sich von der Familie loszusagen und um jemand anderes zu werden. Dass Alex nach einem tödlichen Unfall dann aber eine neue Familie findet und in diese auf ewig aufgenommen wird, das hätte der Protagonist wahrlich nicht erwartet. Nicht für möglich gehalten hätte Alex wohl auch, was seiner „tatsächlichen“ Passion entspricht, dass er einmal für eine gewisse Dr. Müller die Hamburger Unterwelt vom Abschaum befreien soll und in seinem neuen Job als „Auftrags-Killer“ sogar richtig gut ist. So läuft es für Alex, der zur Tarnung einen gut gehenden Hamburger Club leiten soll, bestens. Die Frauen liegen ihm zu Füßen, selbstverständlich ohne größere Verpflichtungen, und der Rubel läuft. Und auch mit seinem Auftraggeber ist alles bestens. Doch dann passiert, was passieren musste. Alex trifft auf Anita und verliebt sich. Die älteste Geschichte der Welt halt… Sein Bestreben, nun doch ein solides Leben ohne Lügen zu führen, gefällt dem Familienoberhaupt selbstverständlich gar nicht und blutige Konsequenzen sind die Folge.
Große Sprecherleistungen
Die Produktion ist professionell und überzeugt daher auch auf ganzer Linie. Die Sprecher, welche mitunter quasi „on Location“ aufgenommen wurden, gehen in ihren Rollen auf, leben sie. Somit
strahlen sie durchgehend eine beeindruckende Authentizität aus. Allen voran natürlich Golo Euler als Alex und Stefanie Bock als Anita. Insbesondere die zweitgenannte überzeugt mit ihrer
sympathischen Art, die wunderbar mädchenhaft und positiv rüberkommt. Alex Gedanken, die geschickt in oder um ihre Aussagen integriert werden, verstärken das Bild, das man von diesem wirklich
zauberhaften Mädchen bekommt. Golo Euler hingegen versteht es, dem Hörer das richtige Bild von Alex zu vermitteln. Erst den Looser aus dem Rheinland, dann den aufstrebenden Geschäftsführer mit
dem interessanten „Neben-Job“ und dann den Zweifler, der nun endlich den Sinn seines Lebens gefunden hat und sein Leben nun erneut und aus eigenem Antrieb ändern möchte.
Doch selbstverständlich hat diese Produktion noch mehr zu bieten als die beiden oben genannten Sprecher. Auch Heidi Schaffrath ist zum Beispiel in einer wichtigen Rolle zu hören und Stephan Tölle
spielt seine Rolle ebenfalls authentisch.
Zurück in die 90er
Auch am Sounddesign und der Musik kann man bei dieser Produktion nicht meckern. Beides versetzt den Hörer direkt zurück in die 90er und mehr als einmal schlich sich ein Kopfkino „längst vergangener Zeiten“ bei mir ein. Mehr will man bei einem Hörspiel doch gar nicht, oder?
Mein Fazit:
Wer eine sehr gute Produktion, etwas ab vom Mainstream, hören möchte, dem lege ich die „Älteste Geschichte der Welt“ wirklich ans Herz. Tolle Sprecher und ein sehr realistisches Sounddesign
entführen den Hörer zurück in die Hamburger Vergangenheit – mitten in eine große Story voller Liebe, Looser und Leichen.
Mareike Lümkemann
05. März 2021