Als die Autos rückwärts fuhren

HENNING VENSKE

Als die Autos rückwärts fuhren

HIGHSCORE MUSIC

CD-Cover Als die Autos rückwärts fuhren

„Der Tag fing schon so verwarzt an. Verwarzt. Das war damals mein Lieblingswort. Damals war auch die Geschichte „Als die Autos rückwärts fuhren“. Unser Geschichtslehrer zum Beispiel war tierisch verwarzt. Als er die Türkei durchnahm, musste die ganze Klasse immer wieder im Chor sagen: „Der Bosporus, die Dardanellen, das Marmarameer.“ Das musste doch eigentlich genügen, wenn die Jungs in der Türkei das können. Es wird ja wohl auch kein türkischer Lehrer auf die Idee kommen, die Klasse herbeten zu lassen: „Neustadt am Rübenberge, Neustadt im Schwarzwald, Neustadt in Schleswig Holstein.“ Naja, also verwarzt. Klar, was ich meine?! Klar!“

 

Neuauflage eines Kult-Hörspiels

Das Kult-Hörspiel „Als die Autos rückwärts fuhren“ ist neu aufgelegt worden. Somit hat das Stöbern auf Flohmärkten und Suchen bei Ebay nun endlich ein Ende. Der Hilferuf vieler schon fast verzweifelter Fans wurde erhört! In enger Zusammenarbeit mit dem Autor Henning Venske (ja der aus der Sesamstrasse!) und dem WDR hat das Label Highscore Music sich dem Hörspiel, das 1977 den deutschen Schallplattenpreis erhalten hatte, angenommen und als Neuauflage der Originalversion veröffentlicht. Lediglich das Cover hat man aus rechtlichen Gründen geändert und der heutigen Zeit angepasst. Unterstützt wurde man dabei von Sebastian Pobot. Der als freiberuflicher Musikproduzent und Komponist arbeitende Pobot erfüllte sich mit dieser Neuauflage einen Kindheitstraum.

 

Ein Relaunch war nicht nötig

Geändert hat man am Hörspiel rein gar nichts. Auch auf der CD, die übrigens auch als Download erhältlich ist, hat man es bei zwei Tracks belassen. Immerhin hatte auch die Hörspielkassette nur zwei Seiten. Es waren aber auch keine Änderungen oder Relaunches nötig, denn die Ereignisse um die Hauptperson „Lass das Pinökel“ sind ohne Probleme in das 21. Jahrhundert zu übertragen. Auf ca. 53 Minuten können wir den Ansichten und Erinnerungen eines Kindes, das die Erwachsenenwelt mit seinen eigenen Augen sieht, lauschen. Phantasievoll und dennoch realistisch betrachtet kommentiert „Lass das Pinökel“ seine Umgebung, mit vielen teils kritischen Denkanstößen. Und manchmal scheint es auch wirklich nicht zu schaden, die Welt einmal durch einen anderen Blickwinkel zu betrachten, so mag die versteckte Botschaft dieses Hörspiels sein. Wer jetzt aber den Eindruck bekommt, dieses Werk erhebt die ganze Zeit den Zeigefinger, der irrt. Es sind lediglich die Wahrnehmungen eines Kindes, die uns ab und an nachdenken lassen und so unsere Sicht der Dinge vielleicht in Frage stellen.

 

Worum geht es eigentlich?

Aber worum geht es eigentlich? Die Hauptfigur „Lass das Pinökel“ hat natürlich auch einen richtigen Namen. Aber da sein Vater früher immer nur „Lass das“ zu ihm sagte, ist er der festen Überzeugung, dass dies sein Name sei. Wie alle Kinder muss „Lass das Pinökel“ zur Schule gehen, sich dort mit Lehrern auseinander setzten oder sich auch gegenüber seinen Eltern rechtfertigen. Und diese Geschehnisse sind es, die die Hauptperson uns, den Hörern, mitteilt. In einer Geschichte berichtet er über seine Geburt – er ist nämlich der festen Überzeugung, Erinnerungen daran zu haben. Ein anders Mal lässt er uns an dem Tag teilhaben, als die Autos rückwärts fuhren. Ein Ereignis, auf das unsere Hauptfigur durchaus einen gewissen Einfluss hatte. Aber hört einfach selbst, oder wollt ihr etwa die Geschichte verpassen, als die Treppe verschwand?

 

Mein Fazit:

Ok, ich gebe zu, die heutigen Hörspiele werden anders erzählt, enthalten vielleicht ein bisschen mehr Action, aber Kult muss nicht verändert oder gepusht werden. Immerhin soll der ursprüngliche Charakter ja erhalten bleiben. Also, einfach mal reinhören und in Erinnerungen schwelgen oder sich positiv überraschen lassen. „Lass das Pinokel- Superstar“ lohnt sich!


Mareike Lümkemann

 

31. August 2008