MEISTER DER ANGST - Der Elefantenmensch

MEISTER DER ANGST

Der Elefantenmensch

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CD-Cover MEISTER DER ANGST Der Elefantenmensch

„Ich untersuchte die arme Kreatur – insgesamt drei Mal. Die Vorkehrungen, die nötig waren, ihn aus seinem Ausstellungsraum hinüber in die Räumlichkeiten der Klinik zu schaffen, waren durchaus aufwändig, denn er konnte sich in den Straßen nicht zeigen. Sein groteskes Äußeres suchte er daher und einer nicht minder erschreckenden Verkleidung zu verbergen. Ein langer, schwarzer Umhang umhüllte ihn, über seinen Kopf gezogen trug er einen Sack aus groben Leinen, in die ein rechteckiges Loch geschnitten war, damit er hinaus schauen konnte.“

 

Das viktorianische London: Der an einer seltenen, Körper- und Gesicht schwer entstellenden Krankheit leidende John Merrick wird dem Publikum auf Jahrmärkten präsentiert. Als er Zuflucht in einem Hospital findet, ist sein Leidensweg aber noch nicht vorbei…

 

Dieses Hörspiel beruht auf der realen Geschichte von Joseph Merrick. Wie auch im gleichnamigen Film von 1980 unter der Regie von David Lynch wird die Hauptperson aber auch hier nur John genannt. John Merrick wird zum Ende des 19. Jahrhunderts als besonders groteske Attraktion auf Jahrmärkten ausgestellt. Seinen körperlichen Missbildungen hat er den Künstler-Namen “Elefantenmensch” zu verdanken. Dass sich hinter dem vermeintlichen Monster ein äußerst sensibler und kluger Mensch verbirgt, interessiert zu dieser Zeit nur den Arzt Frederick Treves. Und erst nach einigen Umwegen gelingt es diesem, Merrick aus seiner Lage zu befreien und kann ihm sogar zu einem menschenwürdigen Leben verhelfen.

 

Wie auch bei den beiden ersten Hörspielen aus der Reihe “Meister der Angst” spielt die Story wieder am Ende des 19. Jahrhunderts. Gekonnt hat man die Geschichten der bereits erschienen Folgen mit dieser verknüpft. Wunderbar haben die Macher die markanten Persönlichkeiten aller Hörspiele über deren Grenzen hinweg in die neuen Plots implementiert und selbstverständlich mit den gleichen charismatischen Sprechern besetzt. Es macht viel Spaß, die alten Bekannten wieder zu entdecken und den gelungenen Parallelen zu lauschen. Auch die Gemeinsamkeiten mit der ebenfalls gerade erschienen weiteren Folge “Mord in der Rue Morgue” machen einfach nur Freude.

 

Im Gegensatz zu den ersten Folgen der “Meister der Angst” hat der “Elefantenmensch” viel weniger Tempo, kommt ruhiger und anspruchvoller daher. Richtige Action oder große Überraschungseffekte gibt es nicht. Dies tut dem Gesamtwerk aber keinen Abbruch. Hier spielt sich viel mehr auf der menschlichen Ebene ab, man fühlt und leidet mit Merrick und dem Parcours der Scheußlichkeiten und hofft stets auf das Beste. Ein Hoffnung, die in der damaligen Zeit und den dortigen, gegebenen Umständen nur schwerlich erfüllt werden kann. Eine unter die Haut gehende Parabel gegen Vorurteile und für mehr Toleranz. Wunderbar berührend und fast zu Tränen rührend ist der Epilog des Hörspieles, der dem Hörer noch einmal äußerst einfühlsam verdeutlicht, was John Merrick für ein Mensch war.

 

Fast möchte man auch als Hörer sagen, dass ein solches menschliches Schicksal unter dem Titel “Meister der Angst” doch gar nichts zu suchen hat. Ich bin aber der Meinung, dass man in diesem Fall den Blickwinkel ändern muss und nicht den Elefantenmensch selber sondern die Umstände der jeweiligen Zeit dieser Reihe zu ordnen muss, denn das, was damals von Menschen mit Menschen gemacht wurde, kann einem wirklich Angst machen.

 

Mein Fazit:

Ein großartiges, ruhiges und anspruchsvolles Hörspiel, das auf dem höchsten Niveau produziert wurde und perfekt in den Kontext der anderen Hörspiele dieser Reihe eingebettet wurde. Grandios! Eine Reihe, die unbedingt weiter fortgesetzt werden muss.


Mareike Lümkemann

 

14. Oktober 2013