Gruselkabinett
184 - Das Haar der Sklavin
Gesamtspielzeit: ca. 47 Minuten
Altersempfehlung ab 14 Jahren
VÖ: 26.05.2023
„Hassan starrte mit weit geöffneten Augen durch den Spalt und durch die hin und her wogenden Gestalten der Frauen hindurch erblickte er jetzt den vollen Anblick des schönen, blassen Angesichts der Toten. Die reinen, ebenmäßigen Züge waren von solch stillen, heiligen Frieden erfüllt, dass Hassans Lippen unwillkürlich begannen, ein stilles Gebet zu murmeln. (…) Die Frauen führen nach einiger Überwindung ihrer Geisterfurcht fort, die Leiche einzukleiden. Und den beiden Taugenichtsen an der Wandspalte war es vergönnt, ungestört dabei zusehen zu dürfen. Hassan wagte nun kaum mehr zu atmen. Voll der Bewunderung dieser vollendeten Schönheit wanderten des armen Webers Blicke immer wieder zu dem Reichtum des Goldhaars zurück, wie es flutend und glänzend über die Arme der damit beschäftigten Frauen rann. (…) Er musst an all die zauberhaft schönen Gewebe denken, die seine kunstfertige Hand damals geschaffen hatte.“
Klappentext:
Während eines Besuches bei seinem Vetter in Konstantinopel wird der verarmte Weber Hassan auf das Begräbnis einer wunderschönen Sklavin aufmerksam, deren goldenes Haar ihn komplett in seinen Bann
zieht. Angetrieben von der Gier nach Reichtum beschließt er, das Haar an sich zu nehmen, um daraus einen ganz besonderen Teppich zu weben. Ein fataler Fehler, wie sich schon bald herausstellen
wird …
Harems, Sklaven und Besessenheit
Diese Gruselkabinett-Folge entführt den Hörer nach Konstantinopel – in die Welt der Harems, Skalven und der Gier nach Gold und Reichtum. Im Mittelpunkt steht der verarmte Weber Hassan, der sich das goldene Haar einer verstorbenen Sklavin aneignet, um daraus einen besonderen Teppich zu weben. Ein Plan, der nicht ohne Folgen bleibt...
Grusel im Orient
Abseits von alten Schlössern und spukenden Geistern sind wir mit dieser Folge nun im Orient unterwegs – ebenfalls eine Gegend mit viel Geschichtenpotential. „Das Haar der Sklavin“ im Ursprung von Bertha Werder, einer deutschen Schriftstellerin, hat aber auch alles, was eine ordentliche Gruselgeschichte benötigt: eine Leiche, einen Besessenen und eine nicht ganz koschere Absicht. Stimmungstechnisch ist man gleich mittendrin.
Wunderbare Sprecherleistungen
Einen großen Anteil hat daran natürlich der leider kürzlich verstorbene Peter Weis, der wie immer wirklich wunderbar als charismatischer Erzähler durch die Geschichte führt. Er versteht es wie
kaum ein zweiter mit seiner Darbietung Bilder im Kopf entstehen zu lassen und die Spannung hochzuhalten. Man könnte meinen, Bertha Werde hat manche Sätze nur für ihn geschrieben, so großartig und
lebeendig ist seine Erzählweise in manchen Passagen.
Ebenfalls überragend spricht auch Patrick Bach seine Rolle als Hassan. Er lässt seine Stimme zittern und beben und spricht den armen Weber so authentisch, dass man ihm in diesem Zustand besser
nicht im Dunkeln begegnen möchte.
Stimmung
Die blumigen und lautmalerischen Beschreibungen von Bertha Werder sind ebenfalls ein Garant für diese unheimliche Stimmung, die sich durch das ganze Hörspiel zieht. Verstärkt von einer beständig unterschwelligen, surrend-summenden Musik kann hier der perfekte Grusel entstehen. Wenn dann auch noch das Flüstern von Essica (gesprochen von Eva Michaelis) hinzukommt, ist der Hörgenuss perfekt.
Mein Fazit:
Mir hat diese Folge ausgesprochen gut gefallen und dank der überragenden Besessenheit von Hassan auch von Anfang an in den Bann gezogen.
Peter Weis hat mit dem „Haar der Sklavin“ ein wahrlich würdiges Vermächtnis hinterlassen, ist diese Produktion doch auf seine Empfehlung entstanden.
Mareike Lümkemann
21.06.2023