Gruselkabinett
157 Das Auge des Panthers von Ambrose Bierce
Titania Medien
Gesamtspielzeit: ca. 41 Minuten
Altersempfehlung ab 14 Jahren
VÖ: 28.02.2020
„In der metaphysischen wie in der materiellen Welt gibt es sie wohl, diese Zeichen nahenden Unheils. Und besonders häufig dann, wenn es zu dämmern beginnt. Jenner Brading vermied es nun absichtsvoll, ihrem Blick für die Dauer ihrer Erzählung zu begegnen. Lieber weidete er sich stattdessen an der Schönheit des Lichtspiels der Natur. Denn während des kurzen Gesprächs auf der Bank, war er sich immer mehr der undefinierbaren Angst bewusst geworden, die er empfand, wenn er tief in ihre unbestreitbar schönen, katzenartigen Augen blickte. Lieber lauschte er schweigend der aufwühlenden Geschichte von Irene Marlowe, welche hier nun der Einfachheit halber so detailgenau wie möglich nacherzählt werden soll.“
USA, 1890: Der Anwalt Jenner Brading ist einigermaßen überrascht, dass Irene Marlowe, die ihn zweifellos liebt, seine Heiratspläne vehement ablehnt. Indes hat die begehrenswerte junge Frau mit den faszinierenden blauen Augen mehr als einen guten Grund, unverheiratete zu bleiben, wie sie ihm eines Abends in der freien Natur offenbart…
Ambrose Gwinnett Bierce
Wieder einmal widmet man sich bei Titania Medien dem Werk von einem Meister der unheimlichen Kurzgeschichten: Aus der Feder von Ambrose Gwinnett Bierce stammt der Titel „Die Augen des Panthers“. Mit seinen sarkastischen und schwarz-humorigen, häufig aber auch zynischen Erzählton wird Bierce oft ein einem Atemzug mit Edgar Allan Poe genannt. Bierce war ein amerikanischer Schriftsteller und Journalist, den der amerikanische Bürgerkrieg entscheiden geprägt hat. Immer wieder taucht dieses Thema in seinen Werken auf. Besonders passend in Bezug auf seine unheimliche und oftmals knappe Prosa ist sein rätselhaften Verschwinden im Chaos der Mexikanischen Revolution.
Ein Bürgerkriegs-Soldat im Mittelpunkt
Auch in „Die Augen des Panthers" steht ein amerikanischer Bürgerkriegs-Soldat im Mittelpunkt. Der junge Anwalt Jenner Brading bekommt wiederholt von seiner Geliebten einen Korb, was seine Hochzeitsambitionen angeht. Ihre Historie und die Geschichte ihrer Familie ist zwar beängstigend und unheimlich zugleich, hält ihn aber nicht davon ab, ihr weiterhin den Hof zu machen – bis des Nachts ein Panther vor seinem Fenster steht….
Wirkliche Kritikpunkte oder Zeichen von Qualität?
Diese Geschichte mag für den eingefleischten Gruselkabinett-Hörer vielleicht etwas vorhersehbar sein – aber schmälert das wirklich den Gruselfaktor? Der Kritiker verweist vielleicht auf die relativ überschaubare Spielzeit von nur knapp 40 Minuten – aber ist das nicht ein Zeichen von Qualität, wenn man nach wie vor zu der Originaltreue steht und der Autor für seine kurzen Werke bekannt ist?
Ich bin der Meinung, beide Aspekte schmälern keineswegs den Hörgenuss. Auch beim klassischen Horrorfilm weiß man doch, dass jemand hinter der Tür steht. Vielmehr kann es doch auch schön sein, wenn man seine Ahnungen bestätigt bekommt. Und auch der Gänsehaut-Faktor lässt sich keinesfalls an Zeit oder Dauer festmachen. Dabei gibt es gerade in dieser Produktion so viel Raum für Gänsehaut. Denn oftmals sind nur Geräusche zu hören. Geräusche, die wirken, sich entfalten können, Geräusche fürs Kopfkino, Panther-Geräusche… Und gerade diese Szenen machen den Reiz von Folge 157 aus, da sich der Hörer an vielen Stellen selber vorstellen muss, was gerade passiert….
Ein Baby im Cast
Der Sprecher-Cast von „Die Augen des Panthers“ ist in gewohnten und auch bewährten Titania-Umfang. Sieben verschieden Sprecher inklusive Baby sind in diesem Hörspiel zu hören. Allen voran führt Thomas Balou Martin durch das Geschehen. Als Erzähler spricht er in der leicht hochgestochenen Sprache von früher und gibt der Geschichte so noch einmal eine entsprechend authentische Anmutung. Auch Patrick Stanke und Jessica Kessler spielen ihre Rollen als Jenner und Irene perfekt. Vor dem inneren Auge erwachen ihre Figuren genauso schnell vor dem inneren Auge, wie die der Eltern Marlowe. Marc Gruppe, einer der beiden Köpfe von Titania, ist ebenfalls in einer kurzen Rolle zu hören.
Mein Fazit:
„Die Augen des Panthers“ ist eine kurze, aber stimmungsvolle Hörspiel-Produktion der Gruselkabinett-Reihe. Wer sich dem Kopfkino voll hingeben kann, wird hier einige sehr intensive Hörspiel-Momente erleben können.
Mareike Lümkemann
27. Februar 2020