Edgar Wallace präsentiert:
Der Hexer
Gigaphon
Gesamtspielzeit: 64 Minuten
VÖ: 26. Januar 2024
Klappentext:
Der Fund einer Frauenleiche in der Themse beunruhigt Chiefinspektor Bliss von Scotland Yard: Bei der Toten handelt es sich um die Schwester von Arthur Milton, auch bekannt unter dem Namen „Der Hexer“. Dieses Phantom, dessen wahres Gesicht noch nie jemand gesehen hat, ist dafür berüchtigt, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Bliss befürchtet, dass Arthur Milton die Verantwortlichen für den Mord zur Rechenschaft ziehen könnte, bevor die Polizei sie überführen und verhaften kann. Diese Sorge ist nicht unbegründet, denn der Hexer ist Scotland Yard stets einen Schritt voraus und bald gibt es weitere Tote. Als die Frau von Milton in London auftaucht, sieht der Chiefinspektor eine Chance, dem geheimnisvollen Rächer auf die Spur zu kommen.
Hier schreibt Traumwelt Hörspiel!...
Edgar Wallace gehört zweifelsohne zu den bekanntesten Schriftstellern des Krimi-Genres. Durch ihn wurden nicht nur TV und Theater inspiriert, sondern auch das Medium Hörspiel. U. a. die Label Europa und Maritim haben zumeist die bekanntesten Stoffe des Autors als Hörspiel umgesetzt, wobei sich mit der Zeit aber auch andere Label dieser Stoffe annahmen und zudem auch etwas unbekanntere Werke des Autors als Hörspiel umsetzten. Natürlich kann man sich somit zurecht fragen, ob die „zigste“ Neuadaption von Geschichten wie "Der Hexer" im Rahmen einer neuen Wallace-Hörspielserie überhaupt notwendig gewesen wäre. Aber seien wir mal Ehrlich: Die Geschichten um den Hexer Milton, den schwarzen Abt und den grünen Bogenschützen gehören nun wirklich zu den beliebtesten Werken des Krimi-Meisters, was wohl hauptsächlich an den gleichnamigen Filmproduktionen der Rialto Film GmbH liegen dürfte. Und der Schreiberling dieser Zeilen gehört zweifelsohne zu denen, die der Ansicht sind, dass gute Storys nicht oft genug erzählt werden können. Während sich seinerzeit das Label Europa zumindest teilweise an die Vorlagen von Wallace hielt, geht Gigaphon, ähnlich wie beispielsweise das Label Maritim, hier einen etwas anderen Weg: Die Rahmenbedingungen des Romans "Der Hexer" werden übernommen, aber die Geschichte an sich verläuft hier anders, als man sie aus dem Original kennt. Einer der Unterschiede ist zweifelsohne, dass hier Chiefinspektor Bliss als Hauptermittler in Aktion tritt, während er im Roman als Nebenermittler agiert, da ein gewisser Inspektor Alan Wembury der Hauptermittler ist, der, ebenso wie das Geschwisterpaar Lenley, in dieser Hörspieladaption gar nicht vorkommt. Zudem fungiert Bliss hier als Serienermittler, da die neue Edgar-Wallace-Reihe von Gigaphon den Zusatz "Bliss ermittelt" trägt, was mir sehr gut gefällt, da man so einen gewissen Serienbezug hat, ähnlich wie bei Maritim, wo drei Ermittler-Duos zu je vier Folgen zu hören waren. Die Macher scheinen aber auch die Wallace-Filme sehr zu mögen, denn in dem Film von 1964, der wohl allgemein bekannt sein dürfte, war der Rechtsanwalt, auf den ich gleich noch mal zurückkomme, nicht allein für den Mord an der Schwester des Hexers verantwortlich, ähnlich wie auch in dem vorliegenden Hörspiel, während er im Roman allein als Schurke "tätig" war. Zudem gibt es in dieser Hörspieladaption einen Sprecher, (Sebastian Kolb) dessen Stimme frappierend an die Stimme von Klaus Kinski erinnert und der auch gleich die dazu passende Rolle spricht ... Der Reporter Leach, der in dieser Hörspielproduktion vorkommt, ist ein wenig an die Rollen von Eddi Arent in den Wallace-Filmen angelehnt, obgleich Leach aber auch den ein oder anderen interessanten Hinweis für Bliss, seinen neuen Kollegen Chandler, sowie den Mitarbeiter Walsh zu bieten hat. Meiner Meinung nach ist diese Umsetzung sehr gut gelungen. Das düstere, neblige London ist gut dargestellt, und die Handlung tut ihr übriges, um das Wallace-Feeling beim Hören aufkommen zu lassen. Zudem wird darauf verzichtet, die Handlung in unsere Zeit zu verlegen, was ich sehr erfrischend finde. In dieser Wallace-Serie gibt es keine Handys und kein Internet, sodass hier, wie in den Romanen, Filmen und anderen Hörspielserien von Edgar Wallace, gute alte Polizeiarbeit geleistet wird, ohne die modernen Hilfsmittel der heutigen Zeit nutzen zu können.
Andere Anpassungen:
Im Roman hieß die Schwester des Hexers Gwenda Milton. Gigaphon hat aus Gwenda Glenda gemacht und ihr zudem noch einen anderen Nachnamen "verpasst", da Glenda sich so von ihrem Bruder, dem Hexer, abgrenzen konnte. Der Name des zwielichtigen Rechtsanwalts, der im Roman und in den meisten Film- und Hörspielproduktionen Maurice Messer heißt (in den Filmen auch mal Meister) lautet in der Gigaphon-Produktion Boris Knifes, was ich als sehr passend und fast schon genial bezeichnen möchte.
Tolle Sprecher:
"Kinski-Stimme" Sebastian Kolb, der hier einen sehr "kranken" Unterwelt-Killer spricht, ist natürlich nicht der einzige gute Sprecher dieser Produktion. Zwar haben alle Sprecher einen guten Job gemacht, aber Gordon Piedesack, (Chiefinspektor Bliss), Marc Schülert (Arthur Milton) und Sabina Godec (Cora Ann Milton) sollen hier gesondert genannt werden, da gerade sie mir in ihren Rollen sehr gut gefallen haben. Zwar wirken Schülerts Sprechparts in der Szene, wo der Hexer den Freund seiner ermordeten Schwester zur Rechenschaft zieht, etwas überflüssig lang, aber dies muss so sein, da der Hexer auf eine besonders raffinierte Weise seine Opfer tötet ...
Die Untermalung:
Das Sounddesign ist gut, wobei mich die Schussklänge besonders begeistert haben. Die Musik erinnert teilweise an die Wallace-Filme der Rialto Film GmbH, aber es werden auch Klänge zur Untermalung bedrohlicher Szenen eingespielt, die sehr gut passen.
Mein Fazit:
"Der Hexer" von Gigaphon ist eine tolle Adaption des Wallace-Krimis, und ich bin schon auf die nächste Folge mit Bliss, Chandler und Walsh gespannt. Dass der Hexer hier entkommt, ist wohl nicht als Spoiler anzusehen, zumal ja Folge 4, "Neues vom Hexer", auch inzwischen erschienen ist. Es gibt am Ende der Folge aber noch einen besonderen Kniff, zu dem ich mich aber nicht äußern werde. Er zeigt, dass die Wallace-Krimis immer für eine Überraschung gut sind und bestätigt einen altbekannten Satz: Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu sein. Das Einzige, das ich schade finde, ist der Umstand, dass der Satz "Hier spricht Edgar Wallace! nicht in das Hörspiel eingebaut wurde, wie auch der von mir gerade zitierte Schlusssatz. Aber das ist "meckern" auf hohem Niveau.
Andreas Nauber
25.08.2024