Der Hexer von Salem – Als der Meister starb
Wolfgang Hohlbein
Lindenblatt Records
Gesamtspielzeit: 85 Minuten, 2 CDs
Altersempfehlung ab 14 Jahren
VÖ: 29.3.2019
„Es war wohl das falscheste, was er in diesem Augenblick sagen konnte. Bannermann mochte ein gutmütiger Mensch sein, aber das was Montague ihm jetzt anbot, hatte ungefähr die Qualität einer Ohrfeige. - … - Ein klaffendes Loch zierte den Bootsrand. Unschwer waren die Abdrücke monströser Zähne im Holz zu erkennen. Und der Matrose, der noch vor Sekunden an jener Stelle gestanden hatte, war spurlos verschwunden.“
Im Jahr 1883 begleitet der junge Robert Craven den geheimnisvollen Mr. Montague auf einer Schiffspassage von New York nach London. Doch dann gerät der Viermaster vor der schottischen Küste in eine Flaute. Im aufkommenden Nebel bereitet sich eine beklemmende Stille aus. Bedrohliche Schatten scheinen darin zu wohnen. Und da ist auch noch etwas anderes… Ein uraltes und abgrundtief böses Wesen hat genau auf diesen Augenblick gewartet.
Hörspiel-Epos
Als der Meister starb – ein Titel, der nicht zu viel verspricht. Kein Wunder also, dass schon mit den ersten Tönen des Hörspiels deutlich wird, dass den Hörer hier ein regelrechtes Hörspiel-Epos erwartet. Ein Beweis dafür ist die wundervolle Musik, Gänsehaut-Musik, welche das Hörspiel einleitet. Diese Klänge wecken Erinnerungen an sehr erfolgreiche Fantasy-Filme, ohne diese zu kopieren. Schnell wird klar, dieses Hörspiel hat Großes vor.
Hohes Niveau
Und ohne zu viel vorweg zu nehmen, dieser Anspruch wird erfüllt. Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist die Stimmung auf dem Viermaster, auf welchem der Hörer die meiste Zeit des Hörspiels verbringt. Das Knarren der Bohlen ist beständig zu hören, das Rauschen der Wellen perfekt inszeniert. Wer hier nicht die „Lady of the Mist“ in einem undurchdringlichen Nebel vor dem inneren Auge sieht, der hört definitiv nicht richtig hin…
Sound
Szenenwechsel: Die charismatisch, flüsternde Stimme von Claudia Urbschat-Mingues erwartet den Hörer und man spürt sogleich die Verzweiflung, die Bedrohung, welcher sie ausgesetzt ist. Die dezente musikalische Untermalung im Hintergrund verstärkt dies noch.
Und so geht das Geschehen hin und her. Mal spielt die Story in Jerusalems Lot, wo den Hörer ein blutrünstiger Mob oder eine kämpfende Menge erwartet, gepaart mit Kampfgeräuschen und schreienden Menschen im Hintergrund oder auch das beständige Knistern von Feuer und von brennenden Häusern. Auf dem Schiff hingegen kann man die Bedrohung des merkwürdigen Nebels spüren, ahnt, dass da nichts Gutes aus dem Wasser kommen wird. Die Angriffe des mysteriösen Seemonsters werden imposant und geräusch-gewaltig in Szene gesetzt. Hier stimmt jeder Ton.
Aus der Feder von Hohlbein
Dabei wird man nach und nach tiefer in die Story aus der Feder von Wolgang Hohlbein, einem der deutschen Fantasy-Autoren der Gegenwart, eingeführt. Hohlbein bediente sich bei diesem Werk an Motiven von H.P. Lovecraft, dem Meister des Unheimlichen. Dieser schuf damals seinem Cthulu-Mythos eine Welt voller Tentakel und Schrecken, voller düsterer Gottheiten und Büchern, in denen der Wahnsinn lauert. Hohlbein griff sich die Essenz dieser virtuosen Erzählung auf, verwob sie mit anderen klassischen Motiven der phantastischen Literatur, kreierte dann daraus eine packende Rahmenhandlung, voller Magie und Spannung und erschuf so den „Hexer von Salem“.
Der Hörer, dem die Geschichte von Wolfgang Hohlbein nicht bekannt ist, muss so manche Szene aber erst noch für sich einordnen. Gut, dass da Stefan Lindner als Erzähler durch das Geschehen führt und zumindest hier und dort ein paar Erläuterungen einbringt, denn die Story von Hohlbein ist recht komplex. Bei Lindenblatt Records beschreitet man daher den Weg, den Hörer auf dem gleichen Wissenstand wie den jungen Robert Craven zu halten und die Vorgeschichte von Roderick Andara nach und nach einfließen zu lassen, ohne dabei aber zu viel zu verraten, zu viel vorweg zu nehmen. Ein Konzept, das für mich sehr gelungen ist.
Ein Blick ins Booklet lohnt sich
Erwähnen möchte ich auch noch das stimmungsvoll aufgemachte Booklet, das noch ein paar „versteckte“ Bonbons enthält. Ein Blick hierein offenbart nicht nur die Sprecherriege der Hauptpersonen wie Patrick Borlé (Robert Craven), Stefan Wilkening (Roderick Andara) oder Tommi Piper als Quentin. Nein, der Hörspiel-Freund findet hier nahezu ein regelrechtes Who-is-Who der Hörspiel-Macher, welche die eine oder andre Person im Hintergrund geben durften. Ob es Fans gibt, die die Jungs alle raushören können…?
Mein Fazit:
Ein spannendes und einnehmendes Hörspiel von Wolfgang Hohlbein unter der Regie von Stefan Lindner. Ein Hörspiel, das gerade erst beginnt und nach vielen weiteren, spannenden Fortsetzungen schreit.
Mareike Lümkemann
25. März 2019