Anomalia - Folge 1 - 1 Uhr 23

„Schnell gab ich wieder, was Ambrose mir arm Telefon erzählt hatte. Stille. Allen war die Angst ins Gesicht geschrieben. Nervös warteten wir auf ein Zeichen von Fischer. Nach einer gefühlten Ewigkeit klingelte endlich mein Telefon. (…) Als ich die Haustür öffnete, stand mir ein großer, breit gebauter Mann gegenüber. Er trug militärische Kleidung und an seinen Armen und Beinen erkannte ich elektronische Geräte, die ich so noch nie gesehen hatte. Sich aufmerksam umblickend, führte uns Fischer zum Wagen. (…) Fischer öffnete die hintere Tür und wir stiegen eilig ein. Der Wagen war innen größer als er von außen wirkte und hatte drei Sitzreihen, auf die wir uns verteilten.”

Sieben Jahre nach der Zerstörung des Gateway ist es der Regierung tatsächlich gelungen das Portal zu rekonstruieren und erneut in Betrieb zu nehmen. Aber mit der Aktivierung kehrt auch das alte Problem mit zufällig auftretenden Anomalien zurück: drei Jugendliche sind trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen auf die hiesige Zeitlinie übergetreten und ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Im Auftrag von Dr. Elisabeth Ambrose begibt sich der Ex-Marine Matthew Fisher auf die Suche nach den Neuankömmlingen, um diese schnellst möglich vor den staatlichen Behörden in Sicherheit zu bringen.

Doch die Routineaktion entpuppt sich als todbringende Unternehmung. Ein erbarmungsloser Hinterhalt des NSA Agenten Mortimer Gibbs fordert seine Opfer und aus tiefer Freundschaft wird blinde Wut und abgrundtiefer Hass.

Unterschiedliche Zeitlinien?

Anomalia ist ein hoch komplexes Hörspiel, das sich mit der Theorie beschäftigt, dass unterschiedliche Entscheidungen zu unterschiedlichen Zeitlinien führen. Diese Zeitlinien können nicht nur mit einem Gateway erreicht werden sondern es kommt auch immer wieder vor, dass Menschen auf natürlichem Wege zwischen den einzelnen Zeitlinen springen. Selbstverständlich sind diese Zeitlinen Fluch und Segen zugleich. Ungeahnte Möglichkeiten ergeben sich zum Beispiel, sollte man in die Zukunft kommen. Da jedoch nicht alle Absichten koscher sind, hat die Wissenschaftlerin Elisabeth Ambrose das Gateway zerstört. Jahre später gelingt es aber ihrem Widersacher das Gateway wieder aufzubauen und die es kommt wieder zu Anomalien.

Klasse Idee

Die Idee hinter Anomalia gefällt mir ausgesprochen gut. Auch die Story ist wirklich durchdacht und sehr vielschichtig. Der Anspruch, die Personen detailliert auszuarbeiten und den Hörer in die tiefgründigen Motive des menschlichen Lebens zu entführen gelingt. Man muss schon ein wenig aufpassen, um die einzelnen Zeitlinen korrekt in den Kontext zu setzen, ich brauchte etwas um die einzelnen Szenen einzuordnen. Aber nach und nach kommt man als Hörer immer mehr in das Hörspiel rein, findet sich selber in den verschiedenen Zeitlinien zurecht.

Auch das Soundkonzept ist durchweg durchdacht. Die Hintergrundgeräusche sind gut gewählt und lassen, unterstützt von der passenden Musik, die richtigen Bilder im Kopf entstehen.

Der Sprecher-Cast

Mein einziger Wermutstropfen bei dieser Umsetzung sind jedoch die Sprecher. Im Cast von Anomalia findet man keine großen Stimmen. An sich ist dies ja nicht schlimm. Oftmals sind bestimmte Stimmen ja so mit bestimmen Charakteren verknüpft, dass das Kopfkino schon entsprechend beeinflusst ist. Von daher bin ich immer für neue Stimmen offen. Nur ist es bei Anomalia so, dass einige Mitglieder des Anomalia-Teams, welches hinter dem Ganzen steht und Regie führt, Autor oder Sounddesigner ist, auch als Sprecher auftreten und noch nicht über die Authentizität, die die professionellen Sprecher mitbringen, verfügen. Auf mich wirkten manche Stimmen zu abgelesen, zu geschauspielert. Aber das Schöne ist: man gewöhnt sich dran. Die Story ist so gut, so einnehmend, dass man weiterhören will, weiterhören muss. Man muss dem Hörspiel einfach eine Chance geben und sich mit ihm und den Machern, den Sprechern auf die große Reise nach Anomalia begeben. Und dann geht auch das Konzept auf: Man will bereits nach dem Hören der ersten Folge wissen, wie sie sich weiterentwickeln, man muss einfach miterleben, wie die jeweiligen Charakter mit den Herausforderungen umgehen werden. Und dies wahrscheinlich im doppelten Sinne.

Mein Fazit:

Ein kreatives, anderes Hörspiel, das von der Spannung und vor allem von der Idee lebt. Ein Hörspiel, auf das man sich einfach mal einlassen muss. Potential ist hier jede Menge vorhanden!