PUNKTOWN - Vol. 2

PUNKTOWN

Spiegelbild von Geistern / Hassmaschine / Sweaty Betty

PHANTASTISCHE HÖRSPIELE LAUSCH

 

CD-Cover Punktown 2

„Da war sie. In die Ecke gekauert. Die große Blase war mit ihrem Körper letztlich nur über eine lächerlich schmale Membran verbunden. Die größere Hälfte des Zimmers war frei von der Blase; solange diese sich nicht radikal aufblies. Tatsächlich, es war Betty. Und sie war nackt. Und trotz all des Grauens, das sie im Laufe der Jahre entstellt hatte, die Narben, die Drogen und jetzt das, erkannte er ihren Körper immer noch wieder. Seine Pistole war auf sie gerichtet. Doch er zögerte abzudrücken. Und sie hob die glasigen Augen, um seinem Blick zu begegnen. Tränen strömten ihr über die Wangen.“

 

Es raubt einem den Atem

Wer bereits das große Vergnügen hatte, der ersten PUNKTOWN-Vertonung lauschen zu dürfen, der wird sicherlich der zweiten Folge ähnlich wie ich entgegen gefiebert haben. Denn wieder einmal haben Günter Merlau und sein Team in einer unglaublichen Perfektion drei Kurzgeschichten vom amerikanischen SciFi- und Horror-Autor Jeffrey Thomas auf die CD gebracht, dass es einem wahrlich den Atem rauben kann. So ist es auf jedem Fall mir gegangen, als ich der ersten CD meine Aufmerksamkeit schenkte.

 

Die Storys

Diese Story „Spiegelbild von Geistern“ ist so spannend und zudem grandios umgesetzt, dass ich wirklich innehielt, meine Aktivitäten unterbrach und nur noch dem Geschehen lauschte. In dieser Kurzgeschichte von Thomas, der inzwischen schon Kultstatus genießt, geht es um den Künstler Drew, der Klone von sich selbst anfertigt und diese an seine Kunden verkauft – selbstverständlich nicht, ohne die Gensubstanz seiner selbst noch entsprechend zu verändern. Dabei muss er aufs schmerzlichste erfahren, dass Narzissmus und Selbsthass sehr, sehr nah beieinander liegen.

„Die Hassmaschine“ handelt von Cardiff, einen einfachen Angestellten, der von seiner Frau betrogen wird, seine Chefin hasst und sich daher einen Hassableiter anschafft, damit dieser seine negativen Emotionen absorbiert. Aber ist so eine kleine Figur wirklich in der Lage, so viel geballten Hass und negative Gefühle aufzunehmen?

„Sweatty Betty“ ist eine Bordsteinschwalbe und zudem eine ehemalige Liebschaft vom Bürgerwehrchef Junk. Dessen Aufgabe ist es, PUNKTOWN von Mutanten, Monstern, Vampiren und anderen Unholden zu reinigen. Diesmal haben er und sein Team es mit einem Schwarm spinnenähnlicher Mutantenjungen zu tun, die brisanter Weise aus dem Haus kommen, in dem sich Sweatty Betty eingenistet haben soll. Eine grausame Überraschung scheint also unvermeidlich…

 

Nix für Zart-besaitete

Der amerikanischen Science-Fiction-Horror-Kult-Autor Jeffrey Thomas (Jahrgang 1957) schreibt teils bizarr, teils futuristisch über die trotz allem irgendwie liebenswerte und absonderliche Stadt Paxton, die von ihren Einwohnern auch gerne mal Punktown genannt wird. In dieser futuristisch-phantastischen Stadt leben die unterschiedlichsten Rassen von Außerirdischen und Menschen zusammen und erleben Abenteuer, die wir uns nicht mal träumen lassen würden. Aber Achtung! Thomas´ Geschichten sind nicht für zarte Nerven geeignet, denn sie sind auch gerne mal ekelig oder enthalten eine gewisse Portion Sex. Dabei aber immer voller Poesie, Anspruch und Spannung. Zudem gelingt es dem amerikanischen Autor immer wieder, ein so unglaublich klares Bild von Lebewesen, Ereignissen oder Gegenständen zu zeichnen, dass man meint, man wäre selbst in Paxton.

 

Meister der Vertonung

Klar, dass hier ein Meister der Vertonung her muss, damit in der gehörten Version ein perfektes Kopfkino entstehen kann. Wer wäre also dafür besser geeignet als das hamburger Label Lausch mit seinem Kopf Günter Merlau? Lausch hat mit der Vertonung der Kurzgeschichten um PUNKTOWN die perfekte Mischung aus Hörspiel und Hörbuch geschaffen – und das mit einem sehr, sehr hohen Anspruch.

Durch das Geschehen führt hauptsächlich ein Erzähler, nur ab und an wird durch Musik oder wenige gesprochene Worte unterbrochen. Das Ganze mag daher schon mal einer Lesung ähneln. Weniger ist mehr, mag das Motto von PUNKTOWN sein, was in diesem Fall aber nicht einen Verzicht von Spannung oder Action bedeutet. Ganz im Gegenteil, aus irgendeinem Grund wird gerade so die Spannung gesteigert und die Action kann sich voll und ganz entfalten. Die zarte Musik, die hervorragenden Sprecher, von denen sich der eine oder andere schon in der ersten PUNKTOWN-Staffel beweisen durfte, die tolle Story – der Hörer wird nicht enttäuscht. Wenn Gerrit Schmidt-Foß, die Synchron-Stimme von Leonardo Di Caprio, Geschichten aus dieser Stadt zu erzählen beginnt, scheint die Zeit still zu stehen.

 

Mein Fazit:

Lasst Euch auf die PUNKTOWN ein, nehmt Euch die Zeit, einfach mal nur zu lauschen, ihr werde sowieso innehalten müssen, wenn sich die Spannung wieder einmal ins Unermessliche steigert.


30. Oktober 2008